Die Energiewende ist in vollem Gange, doch die Diskussion um ihre Finanzierung und Marktmechanismen nimmt weiter Fahrt auf. Jüngst haben die beiden Energieunternehmen Eon und RWE ein gemeinsames Positionspapier veröffentlicht, in dem sie grundlegende Veränderungen in der Energiepolitik fordern. Ihr Hauptanliegen: weniger Regulierung von oben und eine stärkere Marktintegration von erneuerbaren Energien. Besonders im Fokus steht dabei die Abschaffung der Einspeisevergütung für kleine Photovoltaik-Anlagen.
Photovoltaik-Anlagen ohne Einspeisevergütung?
Eon-Chef Leo Birnbaum erklärte in einem Interview, dass kleine Photovoltaik-Anlagen sich bereits durch die Eigennutzung des erzeugten Stroms rechnen. Der finanzielle Vorteil für die Besitzer bestehe vor allem darin, weniger Strom aus dem Netz beziehen zu müssen. Die zusätzlichen Einnahmen aus einer Einspeisevergütung seien in vielen Fällen nicht entscheidend. Dieser Standpunkt ist umstritten, da viele Privatpersonen genau durch diese Vergütung zum Bau einer PV-Anlage motiviert werden.
Statt einer festen Vergütung für eingespeisten Strom sollen kleinere Erzeuger über sogenannte Aggregatoren am Markt teilnehmen. Diese Dienstleister bündeln die Stromproduktion vieler kleiner Produzenten und vermarkten sie gemeinsam. Dies soll einen flexibleren, marktwirtschaftlich gesteuerten Ansatz ermöglichen.
Weniger Regulierung, mehr Markt
Die Energiepolitik der letzten Jahre wird von Eon und RWE scharf kritisiert. Laut ihnen war sie zu stark von staatlicher Steuerung und langfristigen Planvorgaben geprägt. Stattdessen schlagen sie ein „Marktregelwerk“ vor, das mehr Raum für unternehmerische Entscheidungen lässt. Ein zentraler Bestandteil davon ist eine sogenannte „Netzampel“, die je nach Netzauslastung anzeigt, ob neue Einspeisungen möglich sind oder nicht.
Ein weiterer kritischer Punkt im Positionspapier ist der Netzausbau. Laut RWE-Chef Markus Krebber wird aktuell mit einer stark steigenden Stromnachfrage kalkuliert, die sich jedoch bislang nicht im erwarteten Tempo entwickelt. Würde die Netzinfrastruktur dennoch massiv ausgebaut, könnten die Kosten auf zu wenige Abnehmer umgelegt werden – mit der Folge, dass der Strompreis massiv steigt.
Abschaffung fixer Einspeisevergütungen und neue Finanzierungsmodelle
Neben der Streichung der Einspeisevergütung für kleine PV-Anlagen fordern die Energieunternehmen weitere marktorientierte Maßnahmen:
Abschaffung der Vergütung in Stunden mit negativen Strompreisen: Wenn der Strompreis in bestimmten Stunden negativ ist, soll es keine Zahlungen mehr für eingespeisten Strom geben.
Einführung von Kapazitätszahlungen: Statt einer festen Vergütung soll ein produktionsunabhängiger Refinanzierungsmechanismus eingeführt werden, der Investitionen in erneuerbare Energien attraktiver macht.
Langfristige Lieferverträge (PPAs): Erzeuger sollen vermehrt auf Power Purchase Agreements setzen, also direkte Lieferverträge mit Industrieunternehmen, um sich gegen Preisschwankungen abzusichern.
Marktorientierte Förderung statt Einspeisevergütung: Künftige Fördermodelle sollen bereits bei der Investitionsentscheidung ansetzen, statt sich auf den produzierten Strom zu konzentrieren.
Fazit: Ein Paradigmenwechsel in der Energiepolitik?
Die Vorschläge von Eon und RWE bedeuten eine Abkehr von der bisherigen Förderpolitik hin zu einem stärker marktgesteuerten System. Während dieser Ansatz langfristig Effizienzvorteile bieten könnte, stellt sich die Frage, ob dadurch die Akzeptanz für Photovoltaik-Investitionen sinkt. Gerade für private Haushalte könnte die Abschaffung der Einspeisevergütung eine wirtschaftliche Hürde darstellen.
Ob die Energiepolitik diesen Vorschlägen folgen wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist jedoch, dass die Diskussion um die zukünftige Finanzierung der Energiewende in Deutschland noch lange nicht beendet ist.