In Zeiten steigender Energiepreise und wachsender Klimasorgen erscheint die Idee einer eigenen Photovoltaik-Anlage attraktiver denn je. Noch besser klingt es, wenn diese Solaranlage angeblich „kostenlos“ erhältlich ist. Doch hinter dieser scheinbaren Traumofferte verbirgt sich häufig ein langfristiges, kostenintensives Mietmodell – eine Erkenntnis, auf die aktuell die Verbraucherzentrale Saarland hinweist. Dieser Beitrag beleuchtet, was wirklich hinter den „Null-Kosten“-Angeboten steckt und warum Vorsicht geboten ist.
Verlockende Versprechen: Die neue Welle der Solaranlagen-Werbung
Immer häufiger berichten Verbraucher:innen im Saarland von Werbeanzeigen, Flyern im Briefkasten oder gar Haustürgeschäften, die ihnen eine kostenfreie Solaranlage schmackhaft machen wollen. Die Versprechungen klingen verlockend: Kein Aufwand, kein Eigenkapital, direkt loslegen mit dem Stromsparen. Doch was nach einem cleveren Deal klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen oft als überteuertes Langzeitmodell.
„Was zunächst nach einem Rundum-sorglos-Paket klingt, entpuppt sich bei genauer Betrachtung oft als teuer erkaufte Bequemlichkeit“, warnt Reinhard Schneeweiß, Energieberater der Verbraucherzentrale Saarland. Denn anstatt die Anlage zu kaufen, verpflichten sich Interessierte über viele Jahre – oft zwei Jahrzehnte – zur Zahlung einer monatlichen Pauschale.
Das Geschäftsmodell: Solaranlage zur Miete
In der Regel handelt es sich bei diesen vermeintlich kostenlosen Anlagen um Miet- oder Pachtmodelle. Dabei wird dem Kunden zwar der Betrieb der Solaranlage ermöglicht, aber das Eigentum verbleibt beim Anbieter. Das bedeutet: Der Betreiber zahlt über die gesamte Laufzeit eine Miete für die Nutzung der Anlage. Zwar darf der erzeugte Solarstrom selbst verwendet werden, und überschüssiger Strom wird eingespeist, aber viele Anbieter behalten sich vertraglich die Einnahmen aus der Einspeisevergütung zumindest teilweise vor oder geben diese nur in begrenztem Umfang an den Mieter weiter.
In der Theorie ist das Mietmodell bequem – in der Praxis jedoch oft teuer. So hat die Verbraucherzentrale Saarland ein Rechenbeispiel mit einem fiktiven jährlichen Stromverbrauch von 7.500 Kilowattstunden durchgeführt. Ergebnis: Bei einem Mietmodell belaufen sich die Gesamtkosten über 20 Jahre auf 55.000 bis 61.000 Euro. Eine vergleichbare, selbst finanzierte Anlage kommt hingegen – je nach Zinslage – auf lediglich 38.000 bis 43.500 Euro Gesamtkosten. Selbst im ungünstigsten Fall spart man mit der Eigenfinanzierung also mehrere Tausend Euro.
Was macht Mietmodelle so teuer?
Die vermeintliche Bequemlichkeit hat ihren Preis. Denn die Anbieter kalkulieren ihre Mietverträge so, dass sie neben der vollständigen Deckung ihrer Investitionskosten auch einen nicht unerheblichen Gewinn einfahren. Die monatlichen Pauschalen sind meist so hoch angesetzt, dass sie die Einsparungen durch den selbst erzeugten Strom nicht immer aufwiegen – zumindest nicht im gleichen Maße, wie es bei einem Kauf der Fall wäre.
Ein weiterer Kostenfaktor ist die Unsicherheit der Einspeisevergütung. Während im Kaufmodell diese staatlich garantiert ist (sofern die Anmeldung rechtzeitig erfolgt), kann sie im Mietmodell abhängig von Vertragsdetails nur teilweise oder gar nicht beim Mieter ankommen. Zudem ist nicht garantiert, dass die Vergütung über die gesamte Laufzeit des Mietvertrags hinweg konstant bleibt. Diese Unsicherheiten machen das Mietmodell zu einem Risikofaktor.
Verbraucherschützer fordern mehr Transparenz und Beratung
Aufgrund der zunehmenden Verbreitung solcher Angebote ruft die Verbraucherzentrale zur Vorsicht auf. Vor Vertragsabschluss sollten Interessierte unbedingt unabhängigen Rat einholen und mehrere Modelle vergleichen. Dazu gehören klassische Kaufmodelle, Kreditfinanzierungen sowie mögliche Förderprogramme von Bund, Ländern oder Kommunen.
Wichtig sei, so die Verbraucherzentrale, nicht nur die monatlichen Kosten zu betrachten, sondern auch das Vertragswerk im Detail zu prüfen. Fragen wie „Wer trägt das Risiko bei Defekten?“, „Was passiert nach Vertragsende?“ oder „Wie wird mit Einspeisevergütungen umgegangen?“ sollten vor einer Unterschrift klar beantwortet sein.
Finanzierungsmöglichkeiten im Vergleich
Ein häufig genanntes Gegenargument zum Kauf einer Solaranlage ist das benötigte Eigenkapital. Doch auch hier bieten sich Möglichkeiten: Staatlich geförderte Kredite, wie etwa durch die KfW-Bank, ermöglichen günstige Zinsen und lange Laufzeiten. Wer zusätzlich Eigenkapital einbringt, kann seine monatliche Belastung weiter senken.
Zudem sollten Käufer:innen berücksichtigen, dass selbst finanzierte Anlagen nach wenigen Jahren bereits ihre Investitionskosten durch Einsparungen amortisieren. Danach profitieren sie voll von der kostenlosen Energieerzeugung – ein Effekt, der sich im Mietmodell deutlich verzögert oder gar nicht vollständig einstellt.
Was es bei der Mietsolaranlage zu beachten gibt
Wer dennoch ein Mietmodell in Betracht zieht, sollte einige Punkte unbedingt prüfen:
Vertragslaufzeit und Kündigungsfristen: Wie lange ist man gebunden, und unter welchen Umständen kann man aussteigen?
Verfügbarkeit der Anlage nach Ablauf: Geht die Anlage nach Vertragsende in den Besitz über oder muss sie abgebaut werden?
Kostenstruktur: Wie setzen sich die monatlichen Raten zusammen, und wie entwickeln sie sich über die Jahre?
Versicherungen und Wartung: Sind diese im Vertrag enthalten, oder kommen hier zusätzliche Kosten auf den Mieter zu?
Einspeisevergütung: Wem gehört der eingespeiste Strom und wer erhält die Vergütung?
Fazit: Augen auf bei Photovoltaik-Angeboten!
Auch wenn es auf den ersten Blick verlockend erscheint: Eine „kostenlose Solaranlage“ gibt es nicht. Hinter solchen Angeboten stehen meist komplexe, langfristige Mietverträge, die auf Dauer deutlich teurer sein können als eine selbst finanzierte Photovoltaik-Anlage. Wer sich ernsthaft mit dem Thema Solarenergie beschäftigt, sollte sich nicht von Marketingversprechen blenden lassen, sondern Angebote kritisch prüfen und unabhängigen Rat einholen.
Denn: Solarenergie lohnt sich – aber nur, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen und das gewählte Modell transparent, fair und langfristig tragfähig ist. Mit klarem Blick, guter Beratung und sorgfältiger Planung steht dem Traum vom eigenen Sonnenstrom nichts im Wege – ganz ohne versteckte Kostenfallen.